Maybrit Illner: Chaos, Clowns und Euro-Krise

Home  »  Allgemein  »  Maybrit Illner: Chaos, Clowns und Euro-Krise
Mrz 20, 2013 Kommentare deaktiviert für Maybrit Illner: Chaos, Clowns und Euro-Krise peb_adm

 

  

Auf dieser Seite stellen wir Ihnen die Talkshow "Maybrit Illner" vom 07. März 2013 zur Verfügung. Das Video ist eingebettet, die Texte kommen direkt vom ZDF und sind unter http://www.zdf.de/maybrit-illner/Chaos-Clowns-und-Euro-Krise-26924236.html im Original abrufbar.

Hinweisen möchten wir Sie außerdem auf eine sehenswerte Talkshow "Anne Will" (27.03.13) anlässlich der "Zypern-Rettung" – der Tenor zu Auswegen aus der Eurokrise fällt in dieser wiederum bunt besetzten Runde anders aus (~> unter diesen Bedingungen mit diesen Mitgliedern hätte die Währungsunion nicht beschossen werden dürfen; dennoch dürfe man den Euro jetzt nicht scheitern lassen, und auch ein Austritt Griechenlands oder Zyperns sei keine sinnvolle Lösung), ebenfalls mit klar artikulierten Argumenten: http://daserste.ndr.de/annewill/archiv/erste10951.html


  

Chaos, Clowns und Euro-Krise

Zieht uns Italien in den Abgrund?

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hält angesichts der wirtschaftlichen und politischen Krise in Italien einen Euro-Austritt des Landes für denkbar. Es könne sein, "dass sie rausgehen", sagte Brüderle in der ZDF-Sendung "maybrit illner". Italien müsse sich entscheiden, ob es sich bei der gemeinsamen Währung anpassen wolle. "Und wenn sie das nicht wollen, müssen sie die Konsequenzen ziehen", stellte Brüderle klar. Die Entscheidung liege aber allein bei Italien.

"Die Spielregeln müssten eingehalten werden"

Es sei seine feste Überzeugung, "dass wir den Euro als Instrument einer europäischen. Entwicklung brauchen", sagte der FDP-Politiker, schränkte aber ein: "Da müssen nicht zwingend alle dabei sein, die heute dabei sind." Die Spielregeln müssten eingehalten werden.Alternative zu einem Euro-Austritt ist Brüderle zufolge, dass Italien "drastische Maßnahmen" ergreife. Kernproblem des Landes seien die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, der jahrelange Reformstau und eine mangelnde Handlungsfähigkeit der Regierung. Es bestehe "ein Misstrauen gegenüber der Art, wie Politik in Italien betrieben wird".

"Mehr Sorge um Regierung in Frankreich"

So seien bis heute weder die Staatsausgaben nennenswert zurückgeführt noch der Arbeitsmarkt flexibilisiert worden. Deutschland habe mit der Einführung von "Hartz IV" einen harten Prozess hinter sich. "Das muss Italien auch machen", forderte Brüderle. "Nichts machen und nur beklagen, was schlecht ist, das ist zu billig."Er glaube aber, dass Italien die Kraft habe, "möglicherweise mit einer Technokratenregierung Fortschritt zu kriegen". Er mache sich letztlich momentan mehr Sorgen über die französische Regierung als über die italienische, sagte Brüderle.

"Die Euro-Krise ist nicht überwunden"

Generell warnte er: "Die Euro-Krise ist nicht überwunden." Dabei sei die Grenze der Belastbarkeit für Deutschland erreicht: Es könne nicht sein, dass die deutschen Arbeitnehmer mit ihren Steuern "all die Fehlentwicklungen in allen Ländern Europas" bezahlten. "Das können wir nicht. Der deutsche Staatshaushalt kann nicht zum Selbstbedienungsladen für ganz Europa werden."Die italienische Journalistin Flaminia Bussotti verteidigte bei Maybrit Illner ihr Land. Zwar sei es richtig, dass Italien "jahrzehntelang notwendige Reformen verschlafen" habe. Es stimme aber nicht, dass Italien von der Gemeinschaft Gelder erhalte. "Wir sind Netto-Zahler", betonte die Journalistin. Es sei nicht fair zu behaupten, Italien sei Profiteur. Immerhin habe man Deutschland zu Zeiten der Wiedervereinigung als Partner in Europa unterstützt. Das sei damals auch keine "rein wirtschaftliche Sache" gewesen, sagte Bussotti und fügte hinzu: "Wir betteln nicht und wir sind uns unserer Probleme sehr bewusst." Das Bild, dass Italien der "Verschwender Europas" sei, stimme allerdings ganz und gar nicht.

"Europa darf nicht nur mit Sparen assoziiert werde"

Der Mitbegründer der neuen Anti-Euro-Partei "Alternative für Deutschland", Bernd Lucke, kritisierte in der Sendung, "dass Berlin und Brüssel diese Krise überhaupt nicht im Griff haben". Zudem dienten die vielen Hilfspakete gar nicht den kriselnden Ländern selbst, sondern seien lediglich "Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors", sagte der Ökonom der Universität Hamburg.Der Außenminister Luxemburgs, Jean Asselborn, zeigte sich ebenfalls durch die Situation in Italien besorgt: "Wenn ein Land wie Italien unregierbar würde, wäre das für Europa und den Euro ein sehr starkes Stück." Man müsse aber über die Gründe für den Wahlausgang zugunsten von Populisten nachdenken. Europa dürfe nicht nur mit Sparen assoziiert werden.

"Merkel ist die Kurtisane der Reichen Europas"

Der ehemalige Linkspartei-Vorsitzende Oskar Lafontaine hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit drastischen Worten für ihre Euro-Rettungspolitik angegriffen. Viele in Deutschland glaubten immer noch, Merkel rette die Griechen, Portugiesen oder Italiener, sagte Lafontaine bei Maybrit Illner. "Null davon" stimme, denn die Kanzlerin rette in Wirklichkeit die Banken und damit die Reichen. "Merkel ist die Kurtisane der Reichen Europas."Diese Politik werde zu Recht abgelehnt, wie jüngst bei den Wahlen in Italien, sagte Lafontaine. "Die Italiener haben verstanden, dass sie für eine völlig verfehlte Bankenrettung bezahlen müssen mit Rentenkürzungen, mit Lohneinbußen, mit Einbrüchen sozialer Leistungen. Das wollen sie nicht mitmachen", konstatierte der Fraktionschef der Linkspartei im Saarland. Es sei absurd, zur Rettung der Reichen die Armen in Europa zur Kasse bitten.

"Europa zusammenzubringen, das geht auch ohne den Euro"

Finanzexperte Dirk Müller wollte mit dem Gedanken "aufräumen", dass der Euro und Europa identisch seien. "Europa zusammenzubringen, das geht auch ohne den Euro", betonte er. Es wäre sogar wesentlich einfacher. Die Sparpakete, die mit Unterstützung Deutschlands eingeführt wurden, seien ein "völliger Wahnsinn". "Ich kann keine Reformen machen und gleichzeitig hinein sparen. Wenn ich Reformen mache, muss ich das mit Konjunktur-Paketen unterstützen", erläuterte Müller seine Position. Inzwischen sei "Europa ist gefährdet", nicht "wegen eines Glühlampen-Verbotes in Brüssel, sondern weil eine falsche Währung uns auseinander sprengt".